Kampagne - 2002

Prunksitzung

Dr. Hermann Bockmühl überraschte / Bürgermeister Wolpert Hauptzielscheibe der Narren

Königheim. Das war eine Premiere in Königheim. Erstmals betrat am Samstag bei der Prunksitzung ein Pfarrer die Bütt des KKK in der Brehmbachtalhalle. Dr. Hermann Bockmühl sorgte mit seinem Beitrag für das Sahnehäubchen des Abends. Zudem war das über vierstündige Programm gewürzt mit den altbekannten und -währten Zutaten, die da heißen fetzige Tänze, Gesangseinlagen und Büttenreden mit viel Lokalkolorit. Da Sitzungspräsident Markus Glock verletzungsbedingt nur teilweise einsatzfähig war, führte sein "Vize" Frank Hehn durchs närrische Allerlei.

Es war eine faustdicke und obendrein auch eine gelungene Überraschung, die der KKK dem närrischen Volk präsentierte. Und dabei wussten die Verantwortlichen bis Donnerstag selbst nichts von ihrem Glück. Doch da kam der Anruf, der die Narrenwelt in Kannenheim verändern sollte. Pfarrer Dr. Hermann Bockmühl kündigte an, er wolle die Kanzel mit der Bütt tauschen und das närrische Programm mit einem kleinen Beitrag bereichern. Und der Herr Seelsorger räumte ordentlich mit dem Vorurteil auf, Pfarrer seien etwas altbacken und verstünden nur begrenzt Spaß. Mit spitzer Zunge glossierte er das Geschehen in Königheim und wunderte sich über so manche Zeitgeisterscheinung. Und da er nicht auf alle Fragen eine Antwort hatte, reimte er: "Wer soll das begreifen, wer soll das versteh'n, das bleibt unser Fragezeichen, das bleibt immer steh'n."

Und vorsichtig sei er geworden, seit er in Königheim beheimatet ist, meinte Bockmühl. Deshalb habe er einen Rucksack dabei, in dem er seine Euro hat. "Wir hatten einen Pfarracker am Friedhof. Weg. Wir hatten einen Pfarracker im Gewerbegebiet. Weg. Und damit nicht auch noch die Euro weg sind, habe ich sie jetzt immer bei mir." Auch die Jugend bekam von Bockmühl ihr Fett weg. "Die Jugendlichen heutzutage glauben an nichts mehr, selbst als es im Dezember 20 Grad unter Null hatte, haben die nicht geglaubt, dass es kalt ist." Knochentrocken, mit kaum zu übertreffender Gestik und Mimik servierte er seine Weisheiten und strapazierte die Lachmuskeln der Königheimer.

Gewohnt gut präsentierten sich einmal mehr die Kirchbergspatzen. Verpackt in hübsche Melodien schickten sie manch verbale Breitseite ins Volk und förderten bisweilen ungewöhnliche Erkenntnisse zu tage, etwa, dass das Gewerbegebiet ein Freizeitpark wird. Denn warum sonst sollte Bürgermeister Ewald Wolpert dort einen Baggersee anlegen. Und natürlich traf ihr Spott so manche Peinlichkeit, wie knochenhaltige Erde, die vom Friedhof Gissigheim zum Spielplatz Ritterberg gekarrt wurde. Sarkastisch sangen sie: "Wir sieben eine Leiche." Natürlich huldigten sie auch ein paar nicht ganz so bekannten, örtlichen Persönlichkeiten, wie den "drei Agenten von der Faktoreibrücke" oder dem Schrottsammler mit der "Düdde".

Musikalische Verstärkung gab's durch das Brehmbachtal-Quintett. Selbstgedichtetes Liedgut wechselte hier mit Evergreens ab. Klar, dass sich der närrische Blick auf das Ortsgeschehen konzentrierte. Und treffend stellte der musikalische Fünfer ob der Geschehnisse im Brehmbachtal fest: "Über Kenche wird gelacht, nicht nur zur Fasenacht." Natürlich hoben sie so einiges ans Tageslicht, das nicht jeder wusste, wie zum Beispiel, dass beim Weinblütenfest das Gerüst hinter der blauen Plane am Rathaus als Liebeslaube gute Dienste leistete.

Aus dem Nähkästchen des KKK plauderten der Hausmeister (Ingbert Steinam) und das Ratschweib (Angelika Steinam). Sie verrieten kleinere und größere Missgeschicke, die den Präsidenten, amtierenden und gewesenen, im letzten Jahr passiert sind. Zudem lösten sie das Rätsel, warum der Tannenbaum so "nackig" im Kreisel stand: "Der KKK hat weit und breit keinen Strom gefunden." Obendrein kamen sie zur Erkenntnis, dass in Kenche der Schnee nach dem Verursacherprinzip beseitigt werde und "wenn's bis zum Juli dauert".

Die Vorgänge in Königheim und um Bürgermeister Wolpert und die Feuerwehr beleuchtete Reporter Gerald Borst aus seiner ganz eigenen Sichtweise. Als Filmstar Lili Geier kokettierte Claudia Brunner mit ihren großen Reizen. Ihre Erinnerungen an eine steile Karriere strapazierten die Lachmsukeln. Till von Franken ließ sich in geschliffenen Reimen über die politische und kulturelle Großwetterlage aus. Schütze Ströbel (Dieter Zirkelbach) kalauerte sich durch seine Zeit "beim Bund".

Für den Augenschmaus sorgten die Kinder-, Junioren. und Seniorengarden des KKK. Neben den obligatorischen Gardetänzen waren vor allem die Schautänze für Farbtupfer im Programm. Die Garde aus Oberlauda legte ebenfalls einen schmissgen Tanz aufs Parkett. Doch das Tanzen ist schon lange keine reine "Frauensache" mehr bei Prunksitzungen in Kanneheim. Die Herren der Schöpfung haben sich da mittlerweile etwas emanzipiert. Die Boy-Group aus Schweinberg präsentierte eine von fernöstlichen Kampfsportarten inspirierte Show. Den Schlusspunkt setzten beinahe schon traditionell die Grazien des Männerballetts. Sie bewiesen Einsatzfreude ohne Rücksicht auf Verluste und strapazierten ihre Muskeln derart, dass kaum eine ihrer Strumpfhosen heil blieb.

Den guten Ton in der Narrenscheune gab in gewohnt souveräner Manier die Feuerwehr- und Musikkapelle an. hut


© Fränkische Nachrichten – 28.01.2002